Ein Zukunftsblick von Theresa Schleicher zum deutschen Modemarkt
Gastbeitrag von Theresa Schleicher:
Wie der deutsche Modemarkt in 2030 aussehen kann, wenn er möchte.
Im Jahr 2025 ist der deutsche Modemarkt weiterhin in einer schwierigen Situation. Selbst große Modeketten und internationale Konzerne wie Zara oder H&M spüren den Druck und die Prognosen für 2025 lauten vorsichtiger als sonst. Während sich die großen Modeketten durch Preis- und Prozessoptimierung stabilisieren, kämpfen insbesondere kleine Boutiquen und deutsche Modehändler mit sinkenden Umsätzen. Der Mittelstand leidet unter einer Kaufzurückhaltung, die durch eine allgemeine Verunsicherung in der Bevölkerung verstärkt wird. Ca 48% wollen in diesem Jahr bewusster einkaufen und auch bei Mode sparen– nicht nur, indem sie günstiger kaufen, sondern indem sie insgesamt weniger konsumieren (Quelle: Zukunftsstudie Handel 2025). Auch Discount-Textiler und große Ketten, sowie Second Hand Anbieter spüren, dass spontane Impulskäufe seltener werden. Wenn dann auch noch die Preise gering, die Rabatte hoch und die Margen kleiner sind, wird es schwierig.
Doch wenn der reine Fokus auf immer neue Kollektionen nach gelernten Mustern und die Rabattaktionen nicht mehr mittelfristig funktionieren wollen, wird es Zeit darüber nachzudenken, was als neue Leistung – das 2. in dem Preis-Leistungs-Gedanken – überrascht und begeistert. Denn die Menschen werden müde vom Billigwahn und Massenmärkten, sehnen sich bewussten Konsum – aber auch nach Sicherheit, Alltag und einem guten Preis. Das ist der Nährboden einer neuen Mitte im Modemarkt.
Vier Bewegungen für den Modemarkt der Zukunft
Ein neues Aufleben von modernen, qualitätsorientierten und lokalen Kleidungsstücken:
Viele Kund:innen kaufen bewusster. Dabei spielt nicht Nachhaltigkeit – so sehr die Realität schmerzt, die größte Rolle, sondern der Wunsch nach besserer Qualität statt reiner Quantitat. Die schnellen Wegwerfprodukte haben schlicht ihren Reiz verloren – zumindest für bereits 42 % der 29+ Jährigen (Quelle: Zukunftsstudie Handel 2025). Ebenfalls ein Zeichen von neuer Sinnkultur: ein Drittel der befragten jungen Konsument:innen finden eine Rückkehr zur lokalen Produktion spannend. Das Label „Made in Germany“ kann damit eine emotionale Bindung erzeugen. Dennoch reagieren Mode- Unternehmen der gesellschaftlichen Mitte nur verhalten auf diesen Trend – C&A etwa stellte seine in Deutschland produzierte Jeans-Kollektion bereits wieder ein, nach „ wenig Bemühungen“ diese in den Fokus zu stellen.
„Made in Germany und in Made in Europe erlebt bei den aktuellen globalen Krisen gerade einen höchst emotionalen Stellenwert – etwas, was für deutsche Modeunternehmen die neue Stärke sein kann. “ – Theresa Schleicher
Eine gesellschaftliche Sehnsucht nach mehr Eleganz:
Zurück zur Freude? Ausschweifende Designer-Kollektionen mit Mainstream-Marken, glamorouse Kampagnen. Mode kann wieder eine Traumbranche sein. Nur eben bewusster. Neben Nachhaltigkeit und Individualisierung zeigt sich ein weiterer ästhetischer Wandel: Der Wunsch nach Eleganz wächst. In einer Zeit, in der vieles beliebig und wertlos erscheint, rückt ein gepflegter, stilvoller Look stärker in den Fokus. Selbst in avantgardistischen Städten wie Berlin lässt sich ein subtiler Trend hin zu hochwertigerer Kleidung und bewusstem Styling beobachten. Eleganz vermittelt nicht nur Ästhetik, sondern auch eine Form von Sicherheit – ein Gefühl, das in gesellschaftlich unsicheren Zeiten wichtiger denn je wird.
Der Wunsch von Trendmärkten statt Second Hand Boutiquen:
Secondhand-Mode gilt weiterhin als Hoffnungsträger für einen bewussteren Konsum, doch das Wachstum in diesem Segment bleibt hinter den Erwartungen zurück. Der Grund: Viele junge Konsument:innen bemängeln, dass moderne Designs, Leichtigkeit und eine gewisse modische Freude in Secondhand-Angeboten oft fehlen. Viele Kund:innen wünschen sich nachhaltige, aber modern interpretierte Kollektionen (48 %). Weniger in der Nische, sondern einfache, trendige Modeangebote, wie sie von etablierten Fashion-Anbietern bekannt sind. Denn bisher zeigen Modeunternehmen wie z.B. die Second Hand Ecke in einem grossen Laden, was viele wahrnehmen: die bisherigen Angebote werden als nischig, zu unmodern empfunden. Die rationale Option in einer Masse von Fast Fashion Angeboten. Für die Menschen spielt das Prädikat nachhaltig nicht die Rolle, sondern die Qualität von langlebigen Kleidungsstücken, die auch mit Recycling und Second Hand verbunden.
Innovationsschübe durch europäische tech-soziale Maßnahmen:
Immer mehr Modemarken setzen AI beim Design ihrer Produkte ein. Laut einer Studie von McKinsey integrieren bereits 28 Prozent der befragten Branchenakteure AI in kreative Designprozesse (vgl. McKinsey, 2023). Ein Beispiel ist das Pariser Tech-Unternehmen Heuritech, das bereits mit Prada, Dior, Adidas, New Balance oder Louis Vuitton arbeitet. Heuritech analysiert mit AI Bilder u.a. aus Social Media und leitet daraus Frühsignale für mögliche Fashion-Trends ab. Aber auch das Berliner Unternehmen yoona.ai. Es verspricht, den Designprozess um bis zu 80 Prozent zu beschleunigen und innerhalb weniger Sekunden über 20.000 digitale Designoptionen zu erstellen. Eine größere Entwicklung deutet sich ebenfalls in der maßgeschneiderten, dennoch günstigen Mode an. In Asien haben sich digitale Plattformen etabliert, die binnen 24 Stunden individuelle Kleidung fertigen – ein Konzept, das mithilfe von Robotic auch in Europa Fuß fassen könnte.
Mehr über Theresa Schleicher?
Theresa Schleicher gilt als führende Handels-Zukunftsforscherin Deutschlands. Sie ist Zukunfts- Sparringspartnerin für Handels- und Wirtschaftsunternehmen, wie dem Bundeswirtschaftsministerium und dem Zukunftsinstitut. Die renommierte Zukunftsforscherin und Data Scientist ist Autorin mehrerer bekannter Trendstudien im Handel und gibt ihre Ausblicke in Vorträgen. Ihre Forschungen für den Lebensmittelhandel basieren auf weltweiten Konsumentenbefragungen und der Zusammenarbeit mit Forschenden in Europa und China.
Zur „Zukunftsstudie Handel 2025!
Die „Zukunftsstudie Handel 2025“ von Theresa Schleicher liefert auf 100 Seiten Einblicke in die Trends und Technologien, die den Handel von morgen formen. Die Studie stützt sich auf Forschungen aus Europa und China und zeigt, wie Deutschland, Österreich und die Schweiz sich an globale Handelsentwicklungen anpassen können. Erhältlich unter: www.zukunftsstudiehandel.de
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